Text und Redaktion

Unter Redak­ti­on versteht man das Über­ar­bei­ten, Umge­stal­ten und Verbes­sern eines Textes zum Zweck, ihn zu veröf­fent­li­chen. Flie­ßend sind deshalb die Über­gän­ge zwischen Lekto­rat, Redak­ti­on und dem eigen­stän­di­gen Verfas­sen von Texten – auf die Tiefe des Eingriffs kommt es an. 

Als Lekto­rin sehe ich meine Aufga­be in der Sprach­pfle­ge. Wer bei Sprach­pfle­ge an Denk­mal­pfle­ge denkt, liegt nicht ganz falsch. Aber im Unter­schied zu Denk­mä­lern (Denk­ma­len) ist Spra­che ein äußerst dyna­mi­sches, immer in Bewe­gung befind­li­ches Gebil­de. Umso mehr gilt dies bei(m) Texten für das Inter­net, das unab­läs­sig neue Inhal­te, den soge­nann­ten Content, fordert und zugleich hervorbringt. 

Text und Redaktion
John Ruskin, Säulen­ba­sen am Portal der Badia Fieso­l­a­na, 1874

Hier kommt es darauf an, für jeden Text, jeden Verwen­dungs­zweck und jedes Medi­um den rich­ti­gen Ton zu tref­fen. Während es bei der Bezeich­nung eines Textes für ein Online­por­tal ange­bracht sein kann, von »Content« zu spre­chen, ist im Zusam­men­hang mit wissen­schaft­li­chen Arti­keln, je nach­dem, entwe­der »Text« oder »Inhalt« vorzuziehen.

Gera­de vor dem Hinter­grund der künst­li­chen Intel­li­genz (KI) ist es umso entschei­den­der, dass die Spra­che noch von Menschen gepflegt wird: Denn haben sich die Maschi­nen einmal der im Netz kursie­ren­den Sätze bemäch­tigt, wird nur das umge­wälzt, was bereits da ist. Deshalb macht die Wahl des jeweils passen­den Begriffs den Unter­schied. (Oder dürfen wir der KI doch mehr zutrauen?) 

Natür­lich beschränkt sich das Texten, Redi­gie­ren oder Lekto­rie­ren nicht auf die Wahl des rich­ti­gen Wortes oder Begriffs. Denn Texte bestehen aus Wörtern, die ihrer­seits zu Sätzen anein­an­der­ge­reiht werden. Diese Anord­nung gilt es zu betrachten. 

Ein paar Bemer­kun­gen zu der Länge von Sätzen: Entge­gen einer heute weit verbrei­te­ten Über­zeu­gung sind kürze­re Sätze nicht unbe­dingt die besse­ren Sätze. Um die »idea­le« Länge eines Satzes zu beur­tei­len, soll­te man minde­stens vier Fakto­ren berücksichtigen:

  • die Sorte von Text, um die es geht (Werbe­text, Wissen­schafts­text, belle­tri­sti­scher Text etc.),
  • die Struk­tur des Satzes an sich,
  • die Posi­ti­on des Satzes inner­halb des umlie­gen­den Text­ge­fü­ges sowie
  • ob der Satz – bei länge­ren Sätzen – eher para­tak­tisch (mehre­re beigeord­ne­te, durch Komma, »und« bzw. »oder« verbun­de­ne Haupt­sät­ze) oder hypo­tak­tisch (mit unter­ge­ord­ne­ten Neben­sät­zen) orga­ni­siert ist.

Aus den bewusst oder unbe­wusst gefäll­ten Entschei­dun­gen zu diesen Punk­ten ergibt sich der Stil: Je weiter man sich von reinen Gebrauchs­tex­ten wie Mailings oder aller­hand Broschü­ren entfernt, umso indi­vi­du­el­ler darf er sein. Und dass Stil nicht nur mit Mode, Einrich­tung und Texten, sondern auch etwas mit Mut zu tun hat, davon ist in diesem Arti­kel die Rede. Erschie­nen ist er im Maga­zin Sozio­po­lis.

Bild­nach­weis:
John Ruskin, http://​www​.lancs​.ac​.uk/​u​s​e​r​s​/​r​u​s​k​i​n​l​i​b​/​P​a​g​e​s​/​i​t​a​l​y​.​htm. Gemeinfrei.

Dr. Dagmar Bruss Lekto­rat Text Über­set­zung
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